FTB
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Episoden

Das Fliegertechnische Bataillon in den DDR-Luftstreitkräften
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von Gelenkwelle811 (10. März 2005)

1. Einführung
2. Der Auftrag des FTB
3. Struktur und Aufgaben des FTB
3.1. Struktur des FTB
3.2. Fliegertechnische Sicherstellung
3.3. Flugplatzwartungstechnische Sicherstellung
3.4. Rückwärtige Sicherstellung
4. Nachwort

 

1. Einführung

Damit ein Flugzeug abheben konnte, aufgetankt und bewaffnet, der Flugzeugführer (=FF, auch „Wattebällchen“ genannt, weil immer in selbige gepackt) ausgeschlafen, satt und zufrieden, war die Arbeit unzähliger Menschen erforderlich, unter anderem die des Fliegertechnischen Bataillons (FTB) dessen Auftrag lautete:

„... unter allen Lageumständen die vollständige, allumfassende und rechtzeitige materiell-technische und rückwärtige Sicherstellung des Fliegergeschwaders zu gewährleisten...“

Was war damit gemeint?
Schlichtweg alles, von Bewaffnung und Treibstoff über Verpflegung, Bekleidung und Ausrüstung, bis zu Geld und ganz ganz wichtig, einem geeigneten Flugplatz unter allen Lagebedingungen. Letzteres heißt, auch im Januar, bei -20°C und Schneemassen, die Start- und Landebahn hat schnee- und eisfrei und sauber zu sein, insbesondere, wenn der Platz im DHS lag.

Lieber Leser, fahre bitte heute mal in einer mittelgroßen deutschen Stadt frühmorgens um 07:00 los, nachdem es in der Nacht zuvor bis 06:00 Uhr morgens geschneit hat, schaue nur die Hauptstrassen an und bedenke dieses: „...hat schnee- und eisfrei und sauber zu sein...“. Helden?!

Kein Frühstück ohne FTB, weder für Piloten, Kommandeure, Wachsoldaten oder das Nachrichten- und Flugsicherungsbataillon (NFB). Keine Dienstwagen und Fahrer ohne FTB, keine Mütze, Schmerztablette, keine Schutzmaske usw usf. und natürlich auch weder Urlaubsschein noch Ausgangskarte ohne das Dokumentenlager des FTB.

In Literatur und Historienbetrachtung finden die Männer und Frauen in Uniform oder Zivil, ohne deren aufreibende Arbeit rund um die Uhr die ganze Fliegerherrlichkeit nicht möglich gewesen wäre, kaum Beachtung. Dem soll hier ein wenig abgeholfen werden und so ist dieser Artikel als Dank und Anerkennung allen jenen gewidmet, die jemals in einem Fliegertechnischen Bataillon der LSK/LV gedient haben, gleich ob als Wachsoldat, Kompaniechef, Kommandeur oder Zivilbeschäftigter.

Einordnung ins FG

 

2. Der Auftrag des FTB

Der Auftrag des FTB lautete: „... unter allen Lageumständen die vollständige, allumfassende und rechtzeitige materiell-technische und rückwärtige Sicherstellung des Fliegergeschwaders zu gewährleisten...“ Damit war das FTB auf dem Flugplatz für alles zuständig, was nicht Fliegen, Funken oder Reparatur der Flugzeuge war.

Im Spannungsfall hatte das FTB ausserdem den Ausweichflugplatz des Geschwaders zu besetzen, für den Einsatz fliegender Kräfte vorzubereiten, das heißt unter anderem die Versorgung mit Flugzeugbewaffnung und -munition, Treib- und Schmierstoffen, technischen Gasen, Bekleidung und Ausrüstung auf mobiler Basis sicher zu stellen und im weiteren selbiges an einem kurzfristig zugewiesenen Autobahnabschnitt als weiterem Ausweichflugplatz ebenfalls zu realisieren.

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Im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung und bei einem Vorrücken der Truppen sollte das FTB den ggf. auch getrennt verlegenden Fliegerstaffeln des zugeordneten Geschwaders folgen und deren Sicherstellung an neu zugewiesenen Landeplätzen realisieren, was sich aus logistischer Sicht unsinnig anhört. Aber die Flugplätze der LSK/LV waren die in vorderster Linie, weiter westlich gab es nichts und vom Feindflug zurückkehrende Flieger brauchen ihre Versorgung, auch wenn sie auf einem Autobahnabschnitt bei Niemegk landen. Entsprechende Übungen und Trainings fanden in unterschiedlichem Umfang statt und gingen nicht immer ohne die heute sogenannten Kollateralschäden ab. Bei einer dieser Verlegungen von Teilen des FTB machte z.B. eine Marschkolonne mit Versorgungstechnik, u.a. Flugfeldtankzügen des Typs TATRA-148, jeder mit einem Gesamtgewicht von über 30t in einem kleinen Dorf im südlichen Brandenburg Marschpause und ruinierte dessen Bürgersteige. Diese sanken unter dem Gewicht einfach auf Strassenniveau ein. Auf dem Rückweg kam die gegenüberliegende Strassenseite dran.

 

3. Struktur und Aufgaben des FTB

3.1. Struktur des FTB
Das FTB war untergliedert in drei Kompanien und 12 Fachdienste, deren Aufgaben im folgenden näher betrachtet werden.

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3.2. Fliegertechnische Sicherstellung
Die fliegertechnische Sicherstellung umfasste die Versorgung des zugeordneten Geschwaders mit allen Teilen, Ausrüstungen und Medien, die für die Durchführung des Flugbetriebes erforderlich waren. Dazu zählen Treib- und Schmierstoffe eben so wie hochprozentiger technischer Alkohol für die Enteisungsanlagen der Flugzeuge, technische Gase (Sauerstoff für die FF, Druckluft u.a., Stickstoff z.B. wurde in die sich während des Fluges leerenden Tanks der Maschinen nachgefüllt, damit sich kein explosives Kraftstoff-Luftgemisch bilden konnte). Natürlich wurden auch alle Ersatzteile, Munition, Werkzeuge etc. bis hin zum mobilen Stromaggregat zum Anlassen der Flugzeuge durch das FTB bereitgestellt.

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Anlassgerät AG-3 auf LKW W 5. Der "Aggi" wurde auch zum schleppen der Flugzeuge verwendet.

Flugfeldtankwagen TATRA-148

URAL-375 Werkstattkoffer (z.B. mobile Munitionswerkstatt)

Damit befasst waren die Fliegertechnische Kompanie (FTK) überwiegend im mobilien Bereich, zur FTK gehörten die Tanklastzüge, Anlassgeräte für die Flugzeuge, Gasumfüllstationen, sowie die entsprechenden Fachdienste:

* FTV = Fliegertechnische Versorgung (Flugzeugersatzteile, techn. Gase etc...)
* T/S-D = Treib- und Schmierstoffe inkl. Tanklager für die Versorgung mit Turbinentreibstoff TS-1 als auch mit FOK (Flugottokraftstoff) und Benzin und Diesel für alle Kfz;
* B/M = Bewaffnung und Munition mit Munitionslager und Werkstatt für alles, von der Pistolenpatrone bis zur Fliegerbombe;

Zur Fliegertechnischen Kompanie gehörte außerdem der Feuerlösch- und Bergezug, ausgerüstet mit Tanklöschfahrzeugen und schwerer Bergetechnik

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Tatra 813. in der FTK als schweres Bergefahrzeug eingesetzt Flugfeldtanklöschfahrzeug Tatra 148

 

3.3. Flugplatzwartungstechnische Sicherstellung
Die flugplatzwartungstechnische Sicherstellung umfasste die Instandhaltung des Flugplatzes, der Start- und Landebahnen (SLB) und der dazu gehörenden Rollwege und Fahrbahnen (= alles, worauf sich Flugzeuge bewegten, wurde Flugbetriebsflächen = FBF genannt) wie auch der für den Flugbetrieb notwendigen baulichen Anlagen, u.a. die Flugzeugdeckungen und Bunker. Dazu gehörte sowohl die strassenbauseitige Instandhaltung als auch die Reinigung vor Flugbetrieb (ein Stein auf der SLB, vom Flugzeugtriebwerk angesaugt und die Maschine crasht...) sowie die Herstellung der Nutzungsfähigkeit der FBF im Winter unter der Devise „schnee- und eisfrei, sauber und trocken“, bis hin zum Vogelschützen, der allzu neugierige Vogeltiere notfalls mit der Schrotflinte daran hinderte, von einem Strahltriebwerk angesaugt zu werden. Das sich am Ende der SLB befindende, „MiG-Fänger“ genannte Fangnetzsystem, mit dem über die SLB hinausschießende Flugzeuge abgebremst und vor dem Crash bewahrt werden sollten, gehörte ebenfalls zum Aufgabenbereich.

Damit befasst waren der Fachdienst Flugplatzwartung und die Flugplatzwartungs- und Transportkompanie, die zu diesem Zweck über die Gerätschaften eines mittleren Strassen- und Tiefbauunternehmens bis hin zu Bagger, Kran und Planierwalze und über schweres Winterdienstgerät wie u.a. Schneepflug und Schneefräse sowie EAG’s verfügte. EAG heißt Eisabtaugerät und bestand aus einem ausgemusterten Flugzeugtriebwerk, welches vor einen LKW, meist vom Typ Kraz, früher am LKW G-5, mit Tankaufsatz montiert wurde, so daß der heiße Abgasstrahl des Triebwerks die Fläche vor dem langsam rollenden Fahrzeug abtaute und trocknete.

Der, zumeist befohlene, Ehrgeiz ging jedoch dahin, den Winter möglichst ohne den Einsatz von EAG’s zu überstehen, weil die durch ein EAG verbrauchten Treibstoffmengen jede Kontigentzuweisung sprengten, man also irgendwann in der Situation war, sich von vorgesetzten Dienststellen in der Luftverteidigungsdivision oder im Führungsorgan FMTK entsprechende Vorhaltungen machen lassen zu müssen, die durchaus ernsthafte dienstliche Konsequenzen haben konnten.

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EAG mit LKW G5, bis in die 70er Jahre im Einsatz schwerer LKW Kraz 255 Schneefräse an URAL 375

 

3.4. Rückwärtige Sicherstellung
Kurz gesagt, die rückwärtige Sicherstellung umfasst alles, was man zum Leben braucht und was bisher nicht erwähnt wurde. Damit befasst waren u.a. wieder die FWTK, deren Beiname „und Transportkompanie“ es schon verrät. Alle Transportaufgaben, vom Brötchen und der Fliegerbombe bis zum einwandfrei funktionierenden Dienst-Wartburg (mit nüchternem Fahrer) für den Geschwaderkommandeur hatte die FWTK zu realisieren. Bei Gefechtsalarm stand für den Geschwaderkommandeur i.d.R. ein Geländewagen UAZ und für die Kommandeure der Staffeln und Bataillone ein Trabant-Kübel zur Verfügung.

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UAZ Geländewagen i.d.R. für den Kommandeur des Fliegergeschwaders Trabant P 601 Kübel i.d.R. für die Kommandeure FTB / NFB

Im weiteren befassten sich die folgenden Fachdienste mit der Versorgung aller menschlichen und technischen Bedürfnisse.

* KfzD = Kraftfahrzeugtechnischer Dienst einschließlich Werkstatt und Ersatzteillager;
* VD = Verpflegungsdienst mit Küchen, Speisesäalen, extra für Flugzeugführer, und Verpflegungslager und natürlich den Feldküchen mit ihrer beliebten Kartoffelsuppe.
* B /A = Bekleidung und Ausrüstung, sagt eigentlich vom Namen her schon alles, von Schlips und Schulterstück bis Teil I und II des Marschgepäcks samt Inhalt, Schuhe und Stiefel inklusive...
* MedD = Medizinischer Dienst einschließlich Behandlungsstätte MedPunkt. Das Fliegergeschwader hatte in der Regel einen Arzt, aber bitte, keine Pille oder Spritze ohne das MedLager des FTB;
* UKD = Unterkunftsdienst, verantwortlich für alle Gebäude sowie Mobiliar und Ausstattung auf dem Flugplatzgelände,
* Te. Pio = Techniker Pionier, verantwortlich für Sprengstoffe und das pioniertechnische Gerät,
* Te. Chem =  Techniker Chemischer Dienst, jeder, der mal eine Schutzmaske übergestreift hat oder sich an das Kommando „Vollschutz!“, welches zum Anlegen des persönlichen Ganzkörperkondoms aufforderte, erinnert, weiß was gemeint ist.
* FinOffz. = Offizier Finanzökonomie, der Hauptbuchhalter des Geschwaders, zwar direkt unterstellt dem Bataillonskommandeur, jedoch gebunden an die Weisungen seines fachlichen Vorgesetzen, und das war der Offizier Finanzökonomie der vorgesetzten Division. Da haben wir’s. Ohne FTB auch kein Geld.

Und keine Sicherheit. Denn da gab es noch die Wachkompanie, die für die unmittelbare Objektsicherheit und Bewachung des Flugplatzraumes verantwortlich war.

Was bisher noch nicht Erwähnung fand, aber in der beigefügten Strukturgrafik steht, war zum internen „Spaßvergnügen“ des FTB da, also hier erstmal nicht weiter relevant.

Dislozierung des FTB im Flugplatzraum im Spannungsfall
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4. Nachwort, auch in eigener Sache:

Der zeitliche Abstand zur Dienstzeit des Verfassers ist heute größer, als dessen Dienstzeit insgesamt. Verwechslungen, Irrtümer und falsche Erinnerungen sind daher durchaus möglich, daher die Bitte um entsprechende Hinweise per E-Mail.

Die Beschreibung von Strukturen und Aufgaben orientiert sich zum einen daran, wie es an der Offiziershochschule und der Militärakademie der DDR gelehrt wurde, zum anderen daran, wie es der Verfasser in der Praxis erlebt habt. Abweichungen davon in anderen Geschwadern und FTB hat es mit Sicherheit gegeben.

Es ist beabsichtigt, diesen Artikel auszubauen, der Verfasser ist jedoch dazu auch auf die Hinweise und Erlebnisse anderer angewiesen. Also bitte, jeder, der in irgendeinem FTB gedient hat, WK oder Stab, FWTK oder VD, FTK oder wo auch immer und als was auch immer, bitte meldet Euch mit Eurer Geschichte per Mail. Auch und gerade Bilder aus jenen Tagen sind unbedingt notwendig und gefragt!

Das verwendete Bildmaterial stammt zum Teil aus dem Flugplatzmuseum Cottbus, wo neben Flugzeugen auch viel weitere Technik der LSK/LV zu bestaunen ist und noch weiteres restauriert wird, der Besuch lohnt und der Eintrittspreis ist gut angelegt.

Alle Rechte an diesem Artikel liegen beim Verfasser, der Nachdruck, auch auszugsweise bedarf der Genehmigung. Eine pdf-Fassung kann per E-Mail angefordert werden.
Gelenkwelle811 (gelenkwelle811@arcor.de)


Militärflugplätze der NVA